Ein erfolgreicher Werbetext in 13 Schritten

Hier ein paar Tipps für (angehende) Kolleginnen aus langjähriger Praxis zum Thema Werbetexte für Sexworker.

  1. Ziel der Übung ist, Profil zu zeigen. Die eierlegende Wollmilchsau („Um 380° dreh- und wandelbar, mit Barbiefigur und versiert in allen Praktiken“) wirkt bestenfalls todlangweilig und schlimmstenfalls glaubt es dir keiner.
  2. Überlege dir, aus welchen Facetten deiner Persönlichkeit sich die Rolle zusammensetzt, in der du dich dem Gast gegenüber am wohlsten fühlst. (Das ist nicht die Rolle, von der du denkst, sie sei am werbewirksamsten, oder man müsse sich doch als SW deiner Sparte so geben, oder „schließlich machen es alle so“, oder „ich kenne da eine Kollegin, die mit dieser Masche viel Geld verdient“. Es geht um Authentizität. Wie gibst du dich gern, welche Art von Umgang mit Gästen fällt dir leicht?)
  3. Was beschreibt diese Rolle kurz und prägnant? Bist du eher bodenständig und praktisch? Eher der Kumpeltyp, mit dem man lachen kann? Oder wirkst du distanziert und unnahbar? Hast du (wirklich!) Eleganz und Stil? Bist du jung, verspielt und experimentierfreudig? Erfahren und lebensklug? Dienstleistest du gern und macht es dich vor allem glücklich, deine Gäste glücklich zu sehen?
    Oft hilft es, einen Außenstehenden zu fragen, wie du im Umgang mit Gästen wirkst, vielleicht eine Kollegin, denn manchmal weichen Selbstwahrnehmung, Wunschdenken und Außenwirkung durchaus voneinander ab.
  4. Welches sind deine optischen Vorzüge? Greife ein bis zwei deiner herausragenden Eigenschaften heraus. Hier gilt wieder: Es geht um das, was dich ausmacht, nicht um das, wovon du glaubst, dass man es anpreisen müsse, weil es alle anderen tun.
  5. Erstelle eine kurze Liste von Praktiken, die du am liebsten magst – vielleicht drei bis vier Punkte.
  6. Nun nimm die Listen aus Punkt zwei bis fünf und erstelle daraus eine flüssig zu lesende Beschreibung deiner Person von der für deine Zwecke passenden Länge.
  7. Vergleiche diese Beschreibung mit den Texten zahlreicher Kolleginnen. Wenn du in deiner Formulierung Phrasen und Worthülsen findest, die alle anderen auch verwenden, streiche sie raus oder belege sie, also erkläre, warum dich gerade das ausmacht. Oder verzichte auf die exakte Formulierung und beschreibe stattdessen eine kurze Situation, in der du diese Facette deutlich zeigst.
  8. Wenn du Patz für einen langen Text hast oder wenn du für deine Sparte eher unübliche Tabus hast, zähle auch kurz und prägnant auf, was du nicht magst. Verzichte in deiner Formulierung darauf, auf Kolleginnen herabzusehen, die diesen Service anbieten und auf Gäste, die diesen Service wünschen, beides wirft kein gutes Licht auf dich. Zu erwähnen, dass bestimmte Punkte nicht zu deinem Angebot gehören, ist als Information vollständig ausreichend.
  9. Überlege dir, was dein Gast davon hat, ausgerechnet dich zu buchen. Auf welche Weise kannst und willst du auf seine Wünsche und Phantasien eingehen? Bist du besonders flexibel, was dein Aussehen und deine Garderobe angeht? Sehr kreativ in Rollenspielen? Besonders empathisch beim Zuhören? Ist er aufgrund deiner Erfahrung bei dir in besonders sicheren Händen und kann ohne Bedenken Kontrolle abgeben? Bist du zeitlich besonders flexibel? Etc. (Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Es geht darum, was dir leicht fällt und was du gern für deine Gäste tust, nicht darum, was sie deiner Meinung nach hören wollen.)
  10. Wiederhole Punkt sieben für diesen Abschnitt und arbeite ihn dann in deinen Text ein.
  11. Es gibt keine „falsche“ Darstellung, nur eine, die dir nicht entspricht. Du willst schließlich die Gäste anziehen, die zu dir passen und mit denen du dementsprechend auch wirklich Spaß hast. Dein Werbetext ist ein enorm wichtiger Filter dafür!
  12. Ist dein Text gut verständlich und flüssig zu lesen? Teile lange Sätze in zwei kurze und ersetze Fremdworte, wenn sie nicht unbedingt notwendig sind. Wirklich kluge Autoren haben es nicht nötig, ihre Leser dadurch zu beeindrucken, dass diese den Text nicht verstehen.
  13. Überprüfe deinen Text auf Rechtschreib- und Interpunktionsfehler (insbesondere dann, wenn dich auch der als inständige Bitte zu verstehende Punkt sieben nicht davon abhalten konnte, irgendwo das Wort „niveauvoll“ einzuarbeiten). Lass dir ggf. helfen: das ist keine Schande, die Veröffentlichung eines vor Fehlern strotzenden Textes dagegen schon.

Viel Erfolg wünscht
Undine

Erstveröffentlichung bei BDSM-Profis.com – das Berufsnetzwerk

PS: Wer sich eingehender mit Marketing im Bereich BDSM-Sexwork beschäftigen möchte, dem empfehle ich nach „persona driven USP“ (etwa: „Persönlichkeit des Anbieters als Alleinstellungsmerkmal„) zu googeln. Wenn du dir dessen bewusst bist, dass es deine Persönlichkeit ist, die dich von der Masse abhebt und dich für deine Gäste interessant macht, dann befreit das nicht nur von öden Rabatt-Aktionen, sondern entspannt auch deinen Umgang mit Kolleginnen enorm. Denn, wie Marketing-Experte Scott Stratten formulierte: „If you are your authentic self in your business, you have no competition.“

Ein Kommentar:

  1. Pun_Ishment (Kürass)

    Ich hatte mal einen Texterjob, bei dem ich Bewertungen verfassen sollte (nur verfassen, nicht auf empirischer Grundlage beurteilen). Unter anderem lief mir da auch die ein oder andere Werbeseite für diverse Sexparties vor die Tastatur. Punkt 13 erinnerte mich daran und brachte mich zum Schmunzeln! 🙂 Danke für diesen hilfreichen Beitrag, den ich irgendwie erst jetzt entdeckt habe.

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