Diese Geschichte habe ich Ende 2003 für den Lustschmerz-Adventskalender geschrieben. (Kennt noch jemand Lustschmerz?)
Ähnlichkeiten der Protagonistin mit der Autorin sowie des Ortes der Handlung mit den Räumlichkeiten des Studio Rex sind rein zufällig. Ein Marmorbad hätte ich aber schon gern … 😉
Ich sitze in der Küche in einem breiten Rattan-Sessel, allein, und entspanne mich. Surfe ein bisschen im Netz, beantworte emails – es klingelt. Schnell klappe ich mein Laptop zu, streife den hauchdünnen schwarzen Chiffonmantel über meine glänzende Satinwäsche, schlüpfe in die Lacksandaletten mit den mörderhohen Absätzen und husche zur Tür. Ein Blick durch den Spion: brauner Zauselkopf, Studentenlook – na, ob der sich nicht in der Tür geirrt hat?
Ich öffne, hauche: “komm rein”, frage, ob er einen Termin hat (wohl wissend, dass ich zu dieser Zeit keinen vergeben habe, aber die Frage verunsichert sie immer so niedlich) und fordere ihn auf, mir zu folgen.
Ich gehe den langen Korridor voran. Meine Absätze klacken auf dem Parkett. Lange Beine in eleganten halterlosen Nahtstrümpfen, sanft wiegende Hüften unter wehendem, zarten Stoff. Es wirkt immer. Auch bei dem hier ist es bloss eine Frage guter Kinderstube, nicht jetzt schon auf den Teppich zu sabbern, als ich ihn in eines der Zimmer führe.
Der Raum ist blutrot – überall: die seidenbespannten Wände, der dicke Teppich, die schweren, samtenen Vorhänge, die funkelnden Lichterketten, die Kerzen, sogar die Dildos in der gläsernen Vitrine und die Griffe der Peitschen und Gerten, die an den Wänden hängen. Was nicht rot ist, ist schwarz, wie die massiv gusseisernen Pfosten des schweren Bettes und der matte Glanz des Fesselrahmens aus lackiertem Holz vor einem überhohen, grossteils mit Samt verhängten Spiegel. In der Luft wabert der Duft von Räucherstäbchen und leise Meditationsmusik.
Mein Gast darf sich setzen. Ich lasse mich ihm gegenüber auf meinem rotsamtenen Thron nieder, schlage die Beine übereinander und fixiere ihn. Er ist nicht mehr ganz jung, etwas zerzaust, alles in allem recht putzig und schrecklich nervös.
Zu Recht.
Ich eröffne das Gespräch, lasse ihn von seinen Phatasien erzählen. Es fällt ihm schwer zu reden, aber das bin ich gewohnt und locke nach und nach aus ihm heraus, was ich wissen will. Er möchte ausgeliefert sein, ein bisschen Fußerotik, Bondage, Schläge und “was sich sonst noch so ergibt” – aber, das ist ihm ganz wichtig, “bitte keine Spuren!” “Selbstverständlich”, lächle ich, “du bist hier bei einer Expertin”.
Wir unterhalten uns weiter. Ich frage ihn aus, fast ist es ein Verhör. Wenn er zögert, hilft mein Blick, ein Glimmen aus sinnlich geweiteten Pupillen, das gelegentlich hell aufblitzt und jeden Widerstand schmelzen lässt. Er erzählt mir alles, Träume, Wünsche, seine halbe Lebensgeschichte.
Mir gefällt das, ich möchte möglichst detailliert über meine Opfer bescheid wissen. Die Zeit investiere ich gern, es macht meinen Job so viel einfacher.
Wir spechen auch über Geld, aber das ist mir weniger wichtig. Ich bin in der Position, mir meine Spielzeuge nach anderen Gesichtspunkten aussuchen zu können, und dieses hier gefällt mir aus mehr als einem Grund.
Schliesslich zahlt er meinen Preis (sie tun es alle), der Form halber, und ich bedeute ihm, mir wieder zu folgen.
Ich bringe ihn ins Badezimmer. Ein grosser Raum in hellem Marmor, sanft beleuchtet von halbhellen Deckenstrahlern und einem grossen siebenarmigen Kerzenleuchter, der auf dem Rand der breiten Doppelwanne steht.
“Zieh dich aus”, sage ich leise, “mach dich schön für mich, ich werde dasselbe für dich tun. Ich komme in zehn Minuten zurück, erwarte mich nackt und knieend.”
Ich schließe die Tür von aussen, drehe den Schlüssel einmal im Schloss und gehe zurück in die Küche. Langsam ziehe ich mich aus, in Gedanken an das Kommende, streife einen tiefschwarzen, glänzenden Lackbody über meinen schlanken Körper, schliesse die Schnallen wie in Trance. Meine Hände zittern, als ich den Reissverschluss eines langen, hohen Lackstiefels an der Innenseite meines Schenkels bis ganz oben gleiten lasse.
Ich muss mich zusammennehmen. Er darf meine Gier nicht ahnen, das verdirbt das Spiel.
Ich fasse mich, stecke mein dunkles Haar mit einer langen Silberspange hoch, erneuere meinen rubinroten, nass glänzenden Lippenstift, stehe auf und schlüpfe wieder in den Chiffonmantel. Im Hinausgehen greife ich eine Paar lederner Fesselmanschetten, eine dicke Stahlkette mit Schloss und eine dicht gepolsterte Augenbinde
Er muss meine Schritte gehört haben, denn als ich das Marmorbad betrete, kniet mein Opfer, nackt, den Blick gesenkt. Wohlwollend nehme ich die Demutsgeste zur Kenntnis. Ich lasse ihn die Hände vorstrecken, umschließe seine Handgelenke fest mit den stabilen Lederfesseln, umrunde ihn, lasse die Karabinerhaken hinter seinem Rücken ineinanderschnappen. Die schwere, kalte Kette legt sich um seinen Hals, zieht seinen Kopf tiefer. Er darf meine Stiefelspitzen küssen, dann lege ich ihm die Augenbinde an und helfe ihm mit einem Griff in sein Haar auf die Beine.
An der Kette führe ich ihn in den roten Salon, gleich zwischen die Balken des Fesselrahmens, über ihm ein Flaschenzug, unter ihm ein grosses Rechteck roter Lackfolie, vor ihm der verhangene Spiegel. Ich betrachte von allen Seiten, was ich mir gefangen habe: mein Blick verzehrt ihn schon jetzt, während meine noch Hände prüfen, tasten, streicheln.
Ich öffne die Kette um seinen Hals und löse die Karabiner der Handfesseln hinter seinem Rücken, um sie über ihm im Flaschenzug einhaken zu können. Bevor ich seine Arme langsam nach oben ziehe, lege ich ihm Fußmanschetten an, um seine Beine im Fesselrahmen weit zu spreizen.
Er ist hilflos, blind, aufgespreizt, ausgeliefert meinem Hunger und seiner eigenen unübersehbaren Geilheit. Meine Nägel streifen seinen Rücken, die Seiten, den Bauch. Gänsehaut lässt seine Brustknospen steif werden, er atmet hörbar.
Ich trete einen Schritt zurück, betrachte ihn. Greife zu einer Lederpeitsche mit breiten, weichen Riemen, schlage einmal schnell und kräftig zu.
Der Schreck lässt ihn laut keuchen. Ich lächle. Da habe ich meinen Vorwand.
Ein enger Knebel unterdrückt jetzt sein Stöhnen, als wir unseren Rhythmus finden. Mit der weichen Peitsche wärme ich uns beide auf, es gefällt mir, aber es ist nur ein Vorspiel. Seine Reaktionen sind wunderbar, er öffnet sich, geht mit. Ich bin zufrieden mit meiner Wahl. Er wird herrlich leiden für mich.
Die Katze in mir spielt ein wenig mit ihm: meine Nägel auf seiner Haut, sanfte Brustklammern, Wachs auf seinem geröteten Po, dann wieder eine Gerte. Kurz lasse ich von ihm ab, um mir einen schlanken, schwarzen Phallus um die Hüften zu schnallen. Der schmale Lederriemen zwischen meinen Beinen ist erregend eng gezurrt.
Das Opfer zuckt, als mein Schwanz seine Lenden streift. Er ist so süß, der Kleine, so sensibel, folgt der zartesten Berührung, meinem Atem in seinem Nacken.
Ich entziehe mich seinem Versuch, den Rücken an meine Brüste zu drücken, ich könnte mich nicht beherrschen. Es fällt mir schwer, ich will ihn an mich pressen, ihm die Luft nehmen, ihn besitzen, ihn zerstören. Ich rieche seinen frischen Schweiss, kann mich kaum noch zurückhalten.
Ich zügle meine Lust lange genug, um den Samtstoff vor dem grossen Spiegel zurückzuschlagen. So gross mein Verlangen ist, endlich in mein Spielzeug einzudringen, so sehr liebe ich den dramatischen Auftritt.
Ich stehe hinter ihm, dränge mein Becken nach vorn, suche den passenden Punkt.
Eine Hand an seiner Kehle, öffne ich mit der anderen die Augenbinde, lasse sie zu Boden fallen und greife fest in sein Haar. Es dauert einen Moment, bis er sich an das Licht der Kerzen gewöhnt hat und sich im Spiegel betrachten kann – einen weiteren, bis er begreift, dass er nur sich selbst sieht.
Ich stoße zu. Mein Schwanz zerfetzt seine Lenden in dem Augenblick, als ich seinen Kopf hart zurückreisse und meine Zähne in seinen Hals schlage. Der Knebel erstickt seine Schreie, die Fesseln machen mir mein Mahl leicht. Heisses, süßes Blut schiesst in meinen Mund, rinnt von meinen Lippen, stillt meine Gier. Ich sauge, schlucke, bin ganz Zähne, Zunge, Kehle. Ich spüre, wie sein Blut zu meinem wird, wie es in mir pulsiert, meine Wangen rötet, meinen Körper erhitzt und mich meine Lust herausschreien lässt.
…
Später in der sternenklaren Nacht, im Wald, am See.
Keine Freundin, keine Familie, aus einer anderen Stadt hier im Urlaub, niemand wird ihn so bald vermissen. Sein Auto parkte vor der Tür, er war so stolz darauf.
Ich möchte möglichst detailliert über meine Opfer bescheid wissen. Die Zeit investiere ich gern, es macht meinen Job so viel einfacher.
Ich summe ein sehr altes Lied, als ich den Wagen, die Fenster geöffnet, die Leiche seines Besitzers im Kofferraum, mit nur wenig Mühe den Weg hinunter in den See rollen lasse.
Es wird keine Spuren geben, wie ich es ihm versprochen habe – schließlich bin ich Expertin.
Geil. 🙂
Was eine tolle Geschichte… 🙂
Aber wenn du das bei jedem so machst… wird man bald die Wagen finden… Oder du musst immer weiter fahren für einen jungfräulichen See.
Hätte man eine alte, kleine, niedliche Autofähre und ein Hochseepatent… *hust*
wunderbare Geschichte mit viel erotischer Fantasie.
Sehr schön geschrieben, und die Ähnlichkeit ist erschreckend! „Ich möchte möglichst detailliert über meine Opfer bescheid wissen“…
Ich habe seit drei Jahre hier mitgelesen und trotzdem bis jetzt diese Geschichte irgendwie übersehen.
Danke, Undine!
Sehr anregend!